Votum: Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz

Volksinitiative: Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz

Die Initiative „für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz“ wurde am 18. Januar 2018 eingereicht. Am 28. Februar 2018 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 113 979 gültigen Unterschriften zustande gekommen war. Die Initiative „für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ wurde am 25. Mai 2018 eingereicht. Mit Verfügung vom 25. Juni 2018 stellte die Bundeskanzlei fest, dass diese Initiative mit 121 307 gültigen Unterschriften zustande gekommen war. Mit den beiden Initiativen hat sich die WAK-NR intensiv auseinandergesetzt. Am 15. April dieses Jahres führten wir Anhörungen durch. Am 16. Mai fand dann die ordentliche Beratung statt. Doch was wollen die beiden Initiativen?

Zur Trinkwasser-Initiative: Sie fordert einen grundsätzlichen Umbau der Schweizer Landwirtschaftspolitik. So sollen in Zukunft nur noch Direktzahlungen an Betriebe ausbezahlt werden, die keine Pestizide einsetzen. Weiter sollen ebenfalls diejenigen Betriebe von Direktzahlungen ausgeschlossen werden, die Antibiotika prophylaktisch einsetzen oder deren Produktionssysteme einen regelmässigen Einsatz von Antibiotika nötig machen. Weiter fordert die Initiative, dass der Tierbestand nur mit dem betriebseigenen Futter ernährt wird.

Das sind drei Punkte, die das Schweizer Landwirtschaftssystem radikal ändern würden. Gemäss den Initianten werden zu viele Futtermittel in die Schweiz importiert. Dies habe dann zur Folge, dass zu viele Tiere in der Schweiz gehalten würden. Diese würden dann wiederum die Böden stark belasten und letztlich auch die Gewässer.

In der Kommission wurden uns dann die verschiedenen Aspekte der Initiative genauer erklärt. So wurden wir darüber informiert, was die Landwirtschaft bereits heute alles unternimmt, um den von der Initiative geforderten Aspekten Rechnung zu tragen. So hat die Landwirtschaft den Antibiotikaverbrauch in den letzten zehn Jahren praktisch halbiert. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in den letzten zehn Jahren um 27 Prozent gesunken, bei den Herbiziden gar um 45 Prozent – eine riesige Leistung der Schweizer Landwirtschaft. Dies ist alles geschehen, bevor der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel des Bundesrates in Kraft getreten ist. Mit dem Aktionsplan, der am 6. September 2017 vom Bundesrat verabschiedet wurde, dürfte der Verbrauch zusätzlich abnehmen. Der Aktionsplan will die Risiken halbieren, und es sollen Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden. Insgesamt umfasst der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel 51 Massnahmen; 13 davon sind bereits umgesetzt. Die Mehrheit der Kommission ist klar der Meinung, dass die Landwirtschaft auf dem richtigen Weg ist, die Probleme erkannt hat und auch entsprechend handelt, was die Zahlen auch zeigen.

Der Bundesrat plant zusätzlich mit der Agrarpolitik 2022 plus weitere Massnahmen, die zur Verbesserung der Situation beitragen. Die Strategie des Bundesrates betreffend Antibiotikaresistenzen ist ebenfalls in der Umsetzung; der Bundesrat hat diese Strategie im November 2015 erlassen. Auch bei diesem Thema ist der Bund somit bereits aktiv und nimmt seine Verantwortung wahr.

In der Kommission wurde auch intensiv über die möglichen Auswirkungen bei einer Annahme der Initiative diskutiert. So wurde von verschiedener Seite darauf hingewiesen, dass bei einer pestizidfreien Landwirtschaft mit grossen Ernteausfällen zu rechnen ist. Berechnungen gehen von 40 Prozent weniger Erträgen aus, teilweise ist sogar mit ganzen Ernteausfällen zu rechnen. Gemäss Aussagen des Bundesrates würde das Angebot an einheimischen pflanzlichen sowie tierischen Lebensmitteln sinken, und die Preise würden steigen. Zur Sicherstellung der Versorgung müssten mehr Lebensmittel importiert werden.

Ein weiterer negativer Effekt bei einer Annahme der Initiative wäre, dass es einen bedeutenden Anteil an Landwirten gäbe, die bei einem Wegfall der Direktzahlungen wegen der Initiative die Produktion intensivieren würden, eigentlich genau das Gegenteil von dem, was die Initiative erreichen möchte. Aber da diese Landwirte nicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten möchten und dadurch keine Direktzahlungen mehr erhalten würden, ist davon auszugehen, dass sie die Produktion intensivieren würden.

Die Volksinitiative „für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ geht noch einen Schritt weiter als die Trinkwasser-Initiative. Sie fordert ein Verbot des Einsatzes synthetischer Pestizide in der landwirtschaftlichen Produktion, in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und in der Boden- und Landschaftspflege. Zusätzlich soll die Einfuhr von Lebensmitteln zu gewerblichen Zwecken, die synthetische Pestizide enthalten oder mit deren Hilfe hergestellt worden sind, verboten werden. Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass diese Initiative besonders wirtschaftsfeindlich ist. Tausende von Arbeitsplätzen in der Schweiz wären mit dieser Initiative gefährdet. Kaffee könnte kaum mehr importiert werden; immerhin sind wir der grösste Kaffee-Exporteur weltweit. Auch die Schweizer Schokoladenindustrie stünde vor dem Aus, da sie Kakao benötigt. Diese Rohstoffe unbehandelt aus dem Ausland zu beziehen ist praktisch unmöglich. Die Pestizid-Initiative würde unsere Verarbeitungsindustrie und den Handel massiv treffen und Tausende von Arbeitsplätzen in der Schweiz vernichten.

Aber nicht nur die Verarbeitungsindustrie, auch die Landwirtschaft selber wäre in vielen Bereichen stark betroffen. Ein kommerzieller Obst-, Gemüse- und Ackerbau wäre bei einer Annahme der Initiative nicht mehr möglich. Die Mehrheit der Kommission beurteilt es auch als negativ, dass der Einkaufstourismus mit dieser Initiative nicht erfasst würde. Die Einfuhr von Futtermitteln wäre ebenfalls nicht betroffen. Diese dürften weiterhin mit Pestiziden behandelt worden sein. Oder anders gesagt: Lebensmittel dürften nicht importiert werden, wenn sie mit Pestiziden in Kontakt gekommen sind, bei Futtermitteln sieht die Initiative dies aber nicht vor.

Die Minderheit der Kommission ist der Ansicht, der Handlungsbedarf sei eindeutig gegeben. Es wäre verantwortungslos, nichts zu tun. Sie wünscht deshalb insbesondere verbindliche Vorgaben auf Gesetzesstufe. Die entsprechenden Anträge für indirekte Gegenvorschläge hat die Kommission jedoch ausnahmslos abgelehnt. Der Antrag, durch gesetzliche Anpassungen die Risiken der Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln zu halbieren und Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz zu fördern, den Schutz vor nachteiligen Einwirkungen durch Pflanzenschutzmittel zu verbessern und den Fremdstoffeintrag in das Grundwasser zu senken, scheiterte mit 12 zu 13 Stimmen. Die Minderheit Jans beantragt dem Rat nun auf Basis dieses Antrages die Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative zu erarbeiten.

Zwei Anträge für direkte Gegenentwürfe zielten auf eine Ergänzung des Landwirtschaftsartikels, Artikel 104 der Bundesverfassung, ab. Einer lehnte sich eng an den Text der Trinkwasser-Initiative an, liess jedoch deren schwierig umzusetzende Punkte weg. Der andere wollte die Einträge von potenziell schädlichen Stoffen aus der Landwirtschaft reduzieren. Beide Anträge wurden mit 15 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
Die Mehrheit der Kommission spricht sich klar gegen die Ausarbeitung von Gegenvorschlägen aus – aus folgenden Überlegungen:

Am 11. Februar 2019 hat sich bereits die UREK des Ständerates mit der Ausarbeitung eines Gegenvorschlages befasst. Sie hat jedoch die Ausarbeitung verworfen – weshalb? Sie hat festgestellt, dass 42 Prozent der Trinkwasserversorgungen in den letzten zwanzig Jahren nicht bundesrechtskonform geschützt worden sind. Dies wurde auch bei den Anhörungen in unserer Kommission erwähnt. Aus diesem Grund wurde ein Gegenvorschlag bereits in der ständerätlichen Kommission verworfen. Zuerst müssen bestehende Gesetze umgesetzt werden, bevor wir neue schaffen.
Mit 18 zu 7 Stimmen empfiehlt Ihnen Ihre Kommission die Initiative „für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz“ zur Ablehnung und folgt somit dem Bundesrat und sämtlichen Kantonen, welche die Initiative ebenfalls ablehnen.

Mit 18 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen empfiehlt Ihnen Ihre Kommission die Initiative „für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ zur Ablehnung. Auch hier folgt die Kommission der Haltung der Landesregierung sowie sämtlicher Kantone.

Im Namen der Mehrheit der Kommission bitte ich Sie, diese beiden Initiativen zur Ablehnung zu empfehlen und auf Gegenvorschläge zu verzichten.

Link zum Votum auf parlament.ch

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NR Marcel Dettling
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