Volksinitiative: Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide
Nach achteinhalb Stunden Debatte konnten wir zwei Kommissionssprecher feststellen, dass hier drin zwei Welten aufeinandergetroffen sind. Das war aber schon in der Kommission so. Die eine Gruppe sieht die grossen Anstrengungen, die in diesem Bereich bereits gemacht wurden, der anderen Gruppe geht das Ganze viel zu wenig weit.
Anfangs der Debatte wurden wir Kommissionsvertreter gefragt, woher wir die Zahlen hätten, die wir betreffend Pflanzenschutzmittel genannt haben. Hier möchte ich wie bereits Kollege Feller darauf verweisen, dass wir diese aus einer offiziellen Bundesstatistik haben. Diese Zahlen wurden uns in der Kommission so genannt. Sie sind, ich wiederhole es gerne noch einmal, auch öffentlich zugänglich.
Bei den Pflanzenschutzmitteln hatten wir 2017 einen Verbrauch von total gut 2000 Tonnen. Beim konventionellen Landbau sind es 1250 Tonnen, was einem Minus von 27 Prozent im Vergleich zu 2011 entspricht. Beim Biolandbau hatten wir einen Verbrauch von 840 Tonnen. Im Vergleich zu 2008 sind das 40 Prozent mehr. Wir sehen also, dass wir im konventionellen Bereich weniger Pflanzenschutzmittel brauchen. Im Biobereich hat es eine Steigerung von 40 Prozent gegeben. Beim Glyphosat alleine wurden in der Schweiz 45 Prozent weniger eingesetzt. Auch beim Antibiotikaverbrauch hat die Landwirtschaft viel erreicht. Hier wurde in den letzten zehn Jahren eine Halbierung erreicht.
Mit der Trinkwasser-Initiative wird gefordert, dass ein generelles Verbot von prophylaktischen Antibiotika-Einsätzen erlassen wird. Dies führt zu einer Zunahme eigentlich vermeidbarer Krankheitsfälle bei Tieren. Dies könnte negative Folgen für das Tierwohl, für die Lebensmittelsicherheit und damit auch für die Gesundheit der Menschen haben. So sieht das die Mehrheit der Kommission.
Zum Pestizidnachweis in den Gewässern: In der Kommission wurde uns erläutert, dass die hohe Prozentzahl nur zustande kam, weil auch nichtrelevante Stoffe ausgewiesen wurden, nämlich Stoffe, die nicht biologisch aktiv und nicht toxisch sind. Der Herr Bundesrat hat hier vorhin Ausführungen dazu gemacht.
Zum Trinkwasser: Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass das Bundesgesetz, das heute bereits besteht, zuerst umgesetzt werden muss, bevor wir wieder neue Bundesgesetze beschliessen. 42 Prozent der Schutzzonen in der Schweiz sind noch nicht ausgeschieden, obwohl das Gesetz dazu eigentlich besteht.
Die Mehrheit der Kommission sieht grosse Probleme bei der Versorgung der Bevölkerung, wenn gar keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden können: bis zu 40 Prozent weniger Erträge, wurde uns in der Kommission gesagt. Dies führt zu höheren Kosten und zu mehr Importen. Das Problem würde so ins Ausland verlagert.
Für die Mehrheit der Kommission stehen ebenfalls viele Arbeitsplätze auf dem Spiel. Ich habe es schon im Eintretensreferat erwähnt: Die ganze Kaffeebranche und die Schokoladenbranche sind auf Importe angewiesen, und man geht davon aus, dass wir diese Mengen an Produkten, die nicht mit Pestiziden behandelt worden sind, nicht aus dem Ausland beziehen könnten.
Bei der Trinkwasser-Initiative besteht die Gefahr, dass ein Teil der Landwirte aus den Direktzahlungen aussteigen und die Produktion intensivieren könnte – eigentlich genau das Gegenteil von dem, was die Initiative will. Die Biodiversität würde in diesem Bereich sinken.
Was die betriebseigenen Futtermittel angeht: Die Poulet- und Schweinemast wäre in der Schweiz nachher fast unmöglich. Auch die Berggebiete wären stark betroffen. Man könnte vom Nachbarn kein Heu mehr zuführen, wenn es extreme Wetterlagen gäbe wie im letzten Jahr; das wäre in der Schweiz nicht mehr möglich.
Ein zusätzlicher Punkt, der ebenfalls störend ist: Der Einkaufstourismus ist von den ganzen Regelungen nicht betroffen. Mit unseren Massnahmen verteuern wir die Produktion in der Schweiz, und beim Einkaufstourismus sehen wir grosszügig weg. Das Problem wäre da nicht gelöst.
Zusammengefasst: Die Mehrheit der Kommission anerkennt die Leistung der Landwirtschaft. Mit dem Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, der Strategie Antibiotikaresistenzen und der Agrarpolitik 2022 plus sind wir hier auf einem sehr guten Weg. Die Zahlen zeigen es eindeutig: Die Tendenz beim Verbrauch ist sinkend. Beim Trinkwasser – darauf wurden wir von verschiedenen Akteuren aufmerksam gemacht – bestehen Probleme, aber das Problem besteht hauptsächlich darum, weil 42 Prozent der Schutzzonen noch nicht ausgeschieden sind, obwohl das Bundesgesetz dazu seit zwanzig Jahren besteht.
Eine Minderheit der Kommission sieht dringenden Handlungsbedarf; die Gegenvorschläge haben Sie auf dem Tisch.
Mit 18 zu 7 Stimmen empfiehlt die Kommission die Trinkwasser-Initiative zur Ablehnung. Mit 18 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen empfiehlt sie die Pestizid-Initiative zur Ablehnung. Der Bundesrat und die Kantone empfehlen diese beiden Initiativen ebenfalls zur Ablehnung.