Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zur Agrarpolitik (AP) 2030 einen Bericht vorzulegen, in dem er einen besonderen Schwerpunkt auf die Abschwächung der Folgen des Klimawandels für die landwirtschaftliche Produktion legt. Im Bericht sollen insbesondere folgende Fragen beantwortet werden:
1) Wie lässt sich das Ziel, den Selbstversorgungsgrad aufrechtzuerhalten, unter Berücksichtigung der ständig steigenden Klimarisiken, die dieses Ziel in Frage stellen (Frost, Hitze, Dürre, neue Schädlinge und Krankheiten…), gewährleisten?
2) Kann der Bund dank der Entwicklung von Versicherungslösungen die Landwirtschaft in ihrem Anpassungsprozess unterstützen und gleichzeitig zu einer gezielten Verringerung der Risiken für die Produzentinnen und Produzenten beitragen?
3) Wie und unter welchen Bedingungen wäre eine Rückversicherung durch den Staat möglich, die extreme Ereignisse decken würde?
4) Kann die Entwicklung einer Agrarversicherung zur Verringerung der Anzahl der agrarpolitischen Instrumente beitragen, und wenn ja, wie genau?
Grund des Vorstosses:
Nach Artikel 104a der Bundesverfassung schafft der Bund die Voraussetzungen für die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion. Diese Grundlagen sind durch den Klimawandel zunehmend gefährdet. Früher Frost, Hitze oder grossflächige Dürren verringern die landwirtschaftliche Produktion. Neue Schädlinge und Krankheiten können grosse Schäden verursachen. Diese Risiken senken die Bereitschaft zum Anbau und verringern die einheimische Produktion. Die Produktion muss angepasst werden; gleichzeitig sind auch zusätzliche Infrastrukturen (z. B. Bewässerungsanlagen) zu schaffen. Dazu ist ein koordiniertes Vorgehen notwendig. Versicherungslösungen können die Risiken zwar mindern, aber die Wahrscheinlichkeit von sehr weitreichenden Ereignissen nimmt stetig zu. Eine staatliche Beteiligung an der Entwicklung von Versicherungen bzw. Rückversicherungen für extreme Ereignisse könnte hier Abhilfe schaffen.
Die Umsetzung sollte administrativ einfach sein und in Zusammenarbeit mit Akteuren aus dem Privatsektor erfolgen. Das Instrument der Agrarversicherungen könnte, sobald es als PPP wirksam etabliert ist, auch als flankierende Massnahme zur Erreichung anderer Ziele der Agrarpolitik eingesetzt werden, ohne die Umsetzung der notwendigen Anpassungen an die neuen Bedingungen zu behindern.
Antwort des Bundesrates:
1. Der Klimawandel stellt auch für die Landwirtschaft eine grosse Herausforderung dar und hat einen Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion.
In der Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050 haben die Bundesämter für Landwirtschaft (BLW), für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sowie für Umwelt (BAFU) Massnahmen festgelegt, mit welchen sowohl eine Anpassung an den Klimawandel als auch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen erreicht werden können. Die Massnahmen betreffen Land- und Ernährungswirtschaft entlang der ganzen Wertschöpfungskette. Beispiele für Massnahmen in der landwirtschaftichen Produktion sind die Stärkung der Pflanzenzüchtung von Sorten für die Anpassung an den Klimawandel, die Unterstützung von ressourcenschonenden Technologien, die Verbesserung der Berichterstattung bei Trockenheit, das Verbessern des Monitorings der Wassernutzung, ein Leitfaden für die Planung, Beurteilung und Subventionierung von Bewässerungsinfrastrukturen, das Schaffen einer Austauschplattform zum Thema Bewässerung oder die Erarbeitung eines Wassernutzungskonzeptes für die Landwirtschaft.
Der Bundesrat hat zudem in der Vernehmlassung zur Botschaft über die landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2026-2029 vorgeschlagen, Finanzmittel von den Direktzahlungen zu den Strukturverbesserungen umzulagern. Damit sollen auch die Massnahmen zur Verringerung der Risiken des Klimawandels wie zum Beispiel Bewässerungen stärker unterstützt werden. Bereits heute können über die Strukturverbesserungsmassnahmen auch schon Finanzhilfen an die Pflanzung von robusten Rebsorten gewährt und so die Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden.
2., 3. und 4. Gestützt auf den vom Parlament im Rahmen der AP22+ beschlossenen Artikel 86b E-LwG (Landwirtschaftsgesetz; SR 910.1; BBl 2023 1527) hat der Bundesrat die Verordnung über die Beiträge zur Verbilligung der Prämien von Ernteversicherungen in die Vernehmlassung geschickt. Das Inkrafttreten ist auf den 1. Januar 2025 vorgesehen. Gemäss Verordnungsentwurf wird der Bund die Ernteversicherungen gegen Trockenheit und Frost mit Beiträgen von maximal 30 % der Prämie unterstützen. Diese Massnahme soll im Sinne einer Anschubfinanzierung die Verbreitung und Marktdurchdringung von Ernteversicherungen fördern. Sie ist im Gesetz auf acht Jahre befristet. Die Massnahme soll nach vier und acht Jahren einer Evaluation unterzogen werden. Bevor deren Resultate über die Wirkung der neu eingeführten Massnahme vorliegen, ist eine Ausdehnung auf weitere Risiken nicht angezeigt.
Was den Rückversicherungsmarkt betrifft, sieht der Bundesrat aktuell keinen Handlungsbedarf für eine Marktintervention. Der internationale landwirtschaftliche Rückversicherungsmarkt funktioniert gut und übernimmt seit jeher einen bedeutenden Teil der von den Versicherungsgesellschaften abgetretenen landwirtschaftlichen Klimarisiken. Dies ist auch in der Schweiz der Fall.
Die Erkenntnisse aus der Evaluation der Ernteversicherungen können in die Weiterentwicklung der Agrarpolitik 2030+ einfliessen. Gemäss Auftrag aus der Motion 22.4251 der WAK-S wird der Bundesrat auch Massnahmen zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit und zur Vereinfachung des agrarpolitischen Instrumentariums vorschlagen. Dabei wird der Bundesrat darauf achten, dass die Komplexität insgesamt reduziert werden kann.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.