Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über Massnahmen vorzulegen, mit denen Gewalt an Kindern und Missbrauch von Kindern eingedämmt werden können. Der Bericht soll alle Formen von Gewalt, einschliesslich sexueller, psychischer und physischer Gewalt, Belästigung und Gewalt in der digitalen Welt abdecken. Er soll auch aufzeigen, wie die Bemühungen des Bundes, der Kantone, der Gemeinden sowie der Fachorganisationen koordiniert und unterstützt werden können, um den Kindern den Zugang zu Schutzmöglichkeiten zu erleichtern. Letztlich soll er auch die Ressourcen aufzeigen, die zur Bewältigung dieser inakzeptablen Situation nötig sind.
Im Jahr 2022 wurden in unserem Land 1889 Kinder misshandelt, was laut der Studie der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie einem Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 entspricht. Zwei Kleinkinder sind gestorben und es werden immer mehr jüngere Kinder misshandelt. Auf jedes Kind, das statistisch erfasst ist, kommen zahlreiche Opfer, deren Leiden nicht erkannt ist.
Gewalt gegen Kinder kann heute viele Formen annehmen und in unterschiedlichen Situationen auftreten, z. B. in der Familie, in der Schule, in Institutionen oder im Internet. Kinder können nicht nur Opfer von körperlicher, sondern auch von psychischer oder sexueller Gewalt sein.
Wir können für die Schweiz feststellen, dass die Rechte der Kinder in den einzelnen Kantonen unterschiedlich umgesetzt werden. Die Kinder können, insbesondere was ihren Schutz betrifft, nicht vom selben Leistungsniveau profitieren. Angesichts dieser Ungleichbehandlung muss die Schweiz ihre Anstrengungen verdoppeln, um einen umfassenden und wirksamen Schutz von Kindern vor Gewalt zu gewährleisten. Dies ist übrigens auch eine der Empfehlungen, die der UN-Kinderrechtsausschuss an unser Land gerichtet hat. Die Prävention und Früherkennung von Gewalt kann dem Leiden der betroffenen Kinder ein Ende setzen.
Die Schweiz muss beim Schutz der Kinder vorbildlich sein, um ihnen die physische, emotionale und soziale Sicherheit zu geben, die sie brauchen.
Antwort des Bundesrates:
Auch der Bundesrat erachtet es für den Schutz von Kindern vor Gewalt als wichtig, dass sie und ihre Bezugspersonen Zugang haben zu einem gut ausgebauten Kinder- und Jugendhilfesystem. Zudem müssen Fachpersonen, die mit Kindern arbeiten, wissen, wie sie gewaltbetroffene Kinder frühzeitig erkennen und an welche Fachstellen sie sich bei einem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung wenden können.
Für den Kindesschutz und die Bereitstellung entsprechender Kinder- und Jugendhilfeleistungen sowie deren Finanzierung sind in erster Linie die Kantone und Gemeinden zuständig. Der Bund ist subsidiär tätig, indem er unter anderem privaten Organisationen, die gesamtschweizerisch oder sprachregional im Themengebiet aktiv sind, Finanzhilfen ausrichtet und mit der Nationalen Plattform Jugend und Medien Eltern, Lehr- und Betreuungspersonen unter anderem über Risiken der sexualisierten Gewalt via digitale Medien sowie Cybermobbing informiert, um sie zu sensibilisieren und zu befähigen, Kinder und Jugendliche vor entsprechenden Gefahren besser zu schützen (www.jugendundmedien.ch> Rubriken «Sexualität und Pornografie» und «Cybermobbing»). Aktuell führt der Bund mit Massnahme 30 des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Istanbul-Konvention eine Erhebung zu Unterstützungsangeboten und Schutzmassnahmen für Kinder durch, die Gewalt in der elterlichen Paarbeziehung ausgesetzt sind (www.gleichstellung2030.ch > Aktionsplan). Die Publikation dieser Erhebung ist für Anfang 2024 vorgesehen. Weiter läuft zusammen mit den Kantonen die Umsetzung des Postulats 23.3016 WBK-N «Von Gewalt betroffene Minderjährige und junge Erwachsene. Welche Lösungen gibt es in den einzelnen Regionen?». Darüber hinaus hat sich der Bundesrat in verschiedenen Grundlagenberichten mit dem Thema der Gewalt an Kindern, ihrer Früherkennung und möglichen Präventions- und Schutzmassnahmen beschäftigt (Berichte abrufbar unter www.bsv.admin.ch> Sozialpolitische Themen > Kinderschutz). Dabei hat er beispielsweise aufgezeigt, welche Grundleistungen der Kinder- und Jugendhilfe in den Kantonen vorhanden sein sollten und welche Aspekte der Qualitätssicherung und Steuerung dabei besonders zu beachten sind. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) hat darauf aufbauend zu Handen der Kantone Empfehlungen erarbeitet für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik der Kantone (abrufbar unter www.sodk.ch> Themen > Kinder und Jugend). Sie fördert zudem die Zusammenarbeit der Kantone in der Kinder- und Jugendpolitik über eine Fachkonferenz der kantonalen Verantwortlichen für den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen. Im Bereich des zivilrechtlichen Kindesschutzes koordiniert die Konferenz der Kantone für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) die Zusammenarbeit der Kantone untereinander, mit dem Bund sowie mit nationalen Organisationen.
Angesichts der bestehenden Kompetenzordnung, der vielfältigen Aktivitäten der SODK und der KOKES sowie der bereits vorhandenen Grundlagenberichte erachtet der Bundesrat die Erarbeitung eines zusätzlichen Berichts als nicht angezeigt.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
Chronologie:
Zurückgezogen
27.02.2024