20.233825 Mängel im Chemikalienrecht beseitigen zur Förderung der Chemikaliensicherheit und Unversehrtheit aller

Grund des Vorstosses:

Der Einsatz von Desinfektionsmitteln ist ein unerlässlicher Teil des One Health Ansatzes, um die Unversehrtheit aller zu erhalten. Die Landwirtschaft, die Lebensmittelindustrie und das Gesundheitswesen können die hohen Anforderungen der Hygienevorschriften nur durch den Einsatz von Desinfektionsmitteln erreichen, um die Sicherheit von Produkten und Patienten zu garantieren.Anlehnend an die Motion Schmid 19.3734, in der steht, «dass im Rahmen der Verwendung von Chemikalien durch die breite Bevölkerung und das Gewerbe eine angemessene Risikoabwägung nur schwer umzusetzen ist. Entsprechend macht für diesen Bereich Substitution Sinn.», kann im Bereich der Desinfektion keine Risikoabwägung und Substitution erfolgen, da die Biozidprodukteverordnung (VBP) in Artikel 38 Ziffer 1 festlegt, dass die Etikette «keinesfalls Angaben wie «Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial», «ungiftig», «unschädlich», «natürlich», «umweltfreundlich», «tierfreundlich» oder ähnliche Hinweise enthalten» darf. Nach Artikel 50 Ziffer 2 gilt dies auch für die Werbung.Wenn diese Bezeichnungen nicht verwendet werden dürfen, damit der professionelle und private Anwender über ungefährliche Substitutionsprodukte informiert werden kann, wird die Etikette (und Werbung) irreführend. Dies ist somit im Widerspruch zum ersten Satz des Artikel 38 Ziffer 1.Das ChemG will die Gesundheit der Menschen vor schädlichen Einwirkungen durch Stoffe und Zubereitungen schützen (Art. 1 ChemG). Somit ist die aktuelle BPV auch im Widerspruch zum übergeordneten Chemikaliengesetz, da es Konsumenten nicht möglich ist gefährliche Stoffe zu substituieren und der Substitutionsdruck bei Desinfektionsmittlen ist reduziert, respektive wird verunmöglicht.

Antwort des Bundesrates:

Desinfektionsmittel bilden eine relevante Gruppe der Biozidprodukte und leisten einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit. Biozidprodukte dienen per Definition dazu, Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Angesichts dieser inhärenten Eigenschaften weisen Biozidprodukte zwangsläufig ein bestimmtes Gefährdungspotenzial für Mensch, Tier und Umwelt auf, weshalb das Parlament sie einem Zulassungsverfahren unterstellt hat. Die Regulierung von Biozidprodukten hat zum Ziel, dass diese Produkte nachhaltig eingesetzt und deren Verwendung generell auf ein notwendiges Mindestmass beschränkt wird. Sie ist insbesondere auch darauf ausgerichtet, Wirkstoffe mit den schlechtesten Gefahrenprofilen nur in Ausnahmefällen zu genehmigen und durch weniger gefährliche Wirkstoffe zu substituieren. Die vorgeschlagenen Änderungen in der Kennzeichnung würden zu verharmlosenden Informationen hinsichtlich des Gefährdungspotentials führen, was aus Sicht des Gesundheits- und Umweltschutzes nicht akzeptabel ist. Angaben wie «Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial», «ungiftig», «unschädlich», «natürlich», «umweltfreundlich», «tierfreundlich» oder ähnliche Hinweise könnten zu unreflektierter und übermässiger Verwendung der so bezeichneten Biozidprodukte führen. Dies vor dem Hintergrund, dass das Parlament in Umsetzung der Parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» eine entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (Chemikaliengesetz; ChemG; SR 813.1) beschlossen hat, die u. a. zu einer bewussteren Verwendung von Biozidprodukten führen soll. Biozidprodukte können nicht nur wegen der Eigenschaften des Wirkstoffs, sondern auch wegen derjenigen anderer Inhaltsstoffe als gefährlich eingestuft sein. Das vorgeschlagene Kriterium stützt aber nur auf die Gefährlichkeit des Wirkstoffes ab. In der Praxis würde dies dazu führen, dass bestimmte Produkte, die als gesundheitsschädlich oder umweltgefährlich eingestuft sind, künftig mit Angaben wie «ungiftig» oder «umweltfreundlich» gekennzeichnet werden dürften, da nur die Gefährlichkeit des Wirkstoffs betrachtet würde. Dies ist aus Sicht des Gesundheits- und Umweltschutzes problematisch und zudem nicht kompatibel mit den international harmonisierten Vorgaben nach der EU Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) und dem Globally Harmonised System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS) der vereinten Nationen, welche auch nach Schweizerischem Chemikalienrecht verbindlich sind. Die bestehende Regelung erlaubt bereits jetzt eine Differenzierung der Produkte nach deren Gefährlichkeit, da ein höheres Gefährdungspotential zu einer strengeren Kennzeichnung (z.B. Art der Gefahrenpiktogramme, Gefahren- und Sicherheitshinweise sowie einer höheren Gefahrenstufe) führt. Diese Information ist auf dem Etikett der Produkte ersichtlich und ermöglicht es privaten und beruflichen Verwenderinnen und Verwendern deshalb bereits heute, bei ihrem Kaufentscheid weniger gefährliche Produkte auszuwählen. Die Schweiz hat zudem mit der Europäischen Union (EU) ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (SR 0.946.526.81, Mutual Recognition Agreement «MRA») abgeschlossen, das nach Anhang 1, Kapitel 18 auch Biozidprodukte einschliesst. Dies bedingt, dass die technischen Vorschriften basierend auf der Regulierung von Biozidprodukten in der Schweiz mit denjenigen in der EU (Verordnung (EU) Nr. 528/2012) äquivalent sind. Die vorgeschlagene Änderung der Kennzeichnungsvorschriften in der Schweiz würde sich auf die Verkehrsfähigkeit der Biozidprodukte im Europäischen Wirtschaftsraum sowie auf die gegenseitige Anerkennung von zugelassenen Produkten auswirken. Letztendlich würde sie die bestehende technische Äquivalenz der Schweizer Bestimmungen zu Biozidprodukten mit denen der EU und somit das gute Funktionieren des Kapitels Biozidprodukte im MRA in Frage stellen.

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NR Marcel Dettling
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