Der Bund veröffentlicht jeweils die Statistik über die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern. Diese werden prominent in den Medien diskutiert. Aufgrund der festgestellten Unterschiede entsteht der Eindruck, dass die Wirtschaft Frauen beim Lohn systematisch diskriminieren würde, ohne den als unerklärbar ausgewiesenen Gründen detailliert nachzugehen. Dieser Eindruck ist höchst problematisch und gezielt zu untersuchen.
Die Lohngleichheitsanalyse verursacht einen unerklärten Widerspruch, weil Firmen die bei der Einstellung Frauen bevorzugen würden, einen Wettbewerbsvorteil aufgrund der tieferen Kosten hätten. Neuere Untersuchungen wie das Wirtschaftsmonitoring des Kantons Zürich vom Dezember 2021 (Seite 17) stellen die erheblichen Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern nur bei den verheirateten Paaren fest, nicht aber bei den Ledigen über alle Altersstufen.
Diese Auswertungen legen den Schluss nahe, dass die Lohnunterschiede primär dadurch entstehen, weil Mütter nach der Geburt ihr Beschäftigungspensum stark reduzieren oder für eine Zeit ganz dem Arbeitsmarkt fernbleiben.
Es ist wichtig, dass die Ursachen für diese Lohnunterschiede vertieft, neutral und wissenschaftlich untersucht werden. Dabei muss die Berufserfahrung, die Dauer der Arbeitsunterbrüche und die Dauer von Teilzeitpensen berücksichtigt werden. Die vom Bundesamt für Statistik verwendeten Daten zur Lohnanalyse liefern hier keine oder zu wenig detaillierte Angaben.
Der Bundesrat wird gebeten, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag geben, welche spezifisch den unerklärten Teil der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern mit neuesten wissenschaftlichen Methoden eingehend untersucht. Dabei sind mögliche Ursachen für Lohndifferenzen wie Mutterschaft, Erwerbsunterbrüche, Zivilstand, Berufserfahrung nach Altersstufen zu untersuchen.
Antwort des Bundesrates:
Das Bundesamt für Statistik liefert alle zwei Jahre Referenzindikatoren zu den Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern. Die Faktoren, die zur spezifischen Berechnung des erklärten bzw. unerklärten Anteils der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern berücksichtigt wurden, entsprechen einerseits den international anerkannten und validierten theoretischen Anforderungen (ILO, OECD, Eurostat) und andererseits den unmittelbar aus den Unternehmensbuchhaltungen verfügbaren Daten. Die Analyse auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) enthält bereits nach Zivilstand und Altersgruppe aufgeschlüsselte Statistiken.
Das Postulat Dobler greift grossenteils den Inhalt des Postulats Noser 14.3388 auf, das 2015 Gegenstand eines detaillierten bundesrätlichen Berichts war. Dieser basierte auf einer Studie, mit der die Universität St. Gallen beauftragt wurde (Felfe, Ch.; Trageser, J.; Iten, R. 2015: Studie zu den statistischen Analysen der Eidgenossenschaft betreffend die Lohngleichheit von Frau und Mann. Schlussbericht).
Die Sekundärdaten, die untersucht wurden, um den Variablenkatalog gegebenenfalls vervollständigen zu können (AHV-Register, Arbeitslosenregister, Bevölkerungsstatistik), ermöglichen keine systematische und vollständige Erfassung der effektiven Abwesenheiten (Unterbrüche aufgrund von Kinderbetreuung, Arbeitslosigkeit, Langzeitkrankheit usw.) von Personen auf dem Arbeitsmarkt. Dazu müsste man die Erwerbsbiografie jeder einzelnen Person nachverfolgen können. Diese biografischen Daten werden in den Unternehmensbuchhaltungen nicht erfasst und ihre Erhebung würde für die Unternehmen einen erheblichen Zusatzaufwand bedeuten. Darüber hinaus gibt es kein einheitliches, wissenschaftlich anerkanntes Modell, das die individuellen Lebens- und Erwerbsverläufe nach finanziellen Kriterien beurteilt.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Variablen zwar einen informativen Mehrwert bieten können, um bestehende Lohnunterschiede zu beschreiben, aber nicht als Rechtfertigung von Lohnunterschieden verwendet werden dürfen. Gemäss dem Gleichstellungsgesetz (GlG; SR 151.1) ist jegliche Lohndiskriminierung zwischen den Geschlechtern unter Berufung auf den Zivilstand oder auf die familiäre Situation verboten.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.