20.224434 KVG. Die Fortschritte in der Medizintechnik müssen der Bevölkerung zugutekommen, auch finanziell

Grund des Vorstosses:

Während auf dem freien Markt technische Innovation aufgrund der Konkurrenzsituation zu mehr Effizienz und zu niedrigeren Preisen führt, gilt dies im medizinischen Bereich der Krankenversicherung leider kaum. Namentlich im Bereich, der durch die Tarifstruktur TARMED geregelt ist, haben die technischen und medizinischen Fortschritte dazu geführt, dass die Eingriffe immer kürzer und immer präziser werden. Dies spiegelt sich aber in den Preisen nicht wirklich wider, sodass die Tarife über die Jahre viel zu hoch geworden sind.

Diese überhöhten Kosten bleiben jedoch in der Regel verborgen, namentlich bei technisch komplexen und kostspieligen Eingriffen, die nicht die Patientin oder der Patient, sondern die Krankenversicherung bezahlt.

Es ist durchaus verständlich, dass die Patientinnen und Patienten in erster Linie gesund bleiben wollen und dass die Krankenversicherungskosten nicht ihre grösste Sorge sind.

Bei einem Einzelleistungstarif haben die Ärztinnen und Ärzte und die Spitäler keinen Anreiz zu sparen: Höhere Kosten sind für sie gleichbedeutend mit höheren Vergütungen. Die Versicherer wiederum müssen sich an die in TARMED enthaltenen Vorschriften und an die gesamtschweizerisch einheitlichen Preise halten.

Der neue Einzelleistungstarif TARDOC dürfte nach heutigem Stand etwa 2025 eingeführt werden. Zahlreiche Fachleute hegen Zweifel daran, dass der oben beschriebene Missstand mit TARDOC wirklich behoben werden wird. Deshalb soll der Bundesrat einen Vorschlag für Massnahmen in der Gesetzgebung unterbreiten, die zu einem gerechteren und geeigneteren System führen.

Antwort des Bundesrates:

Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass die Berücksichtigung von Effizienzgewinnen zur Tarifpflege gehören muss.

Nach Artikel 43 Absatz 4 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) müssen Tarifverträge nach betriebswirtschaftlichen Regeln festgelegt und sachgerecht strukturiert werden. Damit soll eine qualitativ hochstehende und zweckmässige Gesundheitsversorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht werden (Art. 43 Abs. 6 KVG). Gemäss Artikel 59c Absatz 1 der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) darf der Tarif höchstens die transparent ausgewiesenen (Bst. a) und für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen Kosten (Bst. b) decken. Diese Anforderungen wurden mit den Rahmenbedingungen für die TARMED-Revision 2015 konkretisiert, die namentlich verlangen, dass alle erwiesenen Kostensenkungen in das Tarifmodell einfliessen und die Parameter aufgrund aktueller Daten neu berechnet werden, um den aktuellen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Somit enthalten die gesetzlichen Grundlagen und die vom Bundesrat festgelegten Rahmenbedingungen, insbesondere für die Revision der Tarifstruktur TARMED, bereits die notwendigen Bestimmungen für die Berücksichtigung von Effizienzgewinnen.

Da das Gesetz dem Bundesrat die Kompetenz zur Genehmigung sowie die subsidiäre Kompetenz zur Festlegung und Anpassung der Tarifstrukturen verleiht (Art. 43 KVG), verfügt er auch über Instrumente, mit denen er einen gewissen Druck auf die Tarifparteien ausüben kann. So hat er beispielsweise im Rahmen seiner TARMED-Eingriffe in den Jahren 2014 und 2017 unter anderem gewisse Übertarifierungen in technisch und technologisch intensiven Bereichen korrigiert, wo der Fortschritt zu einer Verkürzung der Behandlungsdauer oder einer Produktivitätssteigerung geführt hatte.

Die vom Parlament im Juni 2021 verabschiedete Änderung des KVG zum Kostendämpfungspaket 1a (BBl 2021 1496) sieht zudem eine neue gesetzliche Bestimmung vor, die angesichts der unerwünschten Anreize der Einzelleistungstarifstruktur (Mengenausweitung) die Tarifierung mit ambulanten Pauschalen fördern soll. Mit diesem Paket hat das Parlament die Tarifpartner auch verpflichtet, eine Tariforganisation einzusetzen, die für die Ausarbeitung der Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen zuständig ist. Die von den eidgenössischen Räten im September 2022 verabschiedete Änderung des KVG zum Kostendämpfungspaket 1b (BBl 2022 2405) führt unter anderem ein Monitoring der Mengen-, Volumen- und Kostenentwicklung sowie entsprechende Korrekturmassnahmen in den Tarifverträgen ein. Auch diese Massnahmen gehen die in der vorliegenden Motion beschriebene Problematik an.

Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass die Berücksichtigung des medizinisch-technischen Fortschritts bereits Teil der gesetzlichen Anforderungen an die Ausarbeitung einer sachgerechten Tarifstruktur ist und somit keine Revision des KVG erforderlich ist.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

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NR Marcel Dettling
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