Im Jahr 2021 veröffentlichte die Organisation Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH) ihre neue Sexualaufklärungsbroschüre für Jugendliche ab 12 Jahren zum Thema Liebe, Sex, Verhütung und mehr. Anhand dieser Broschüre von SGCH werden bereits 12-jährige Kinder auf Spielzeuge für Sexspiele hingewiesen. «Du kannst es Dir ganz unterschiedlich selbst machen», wird auf Seite 31 erklärt und auf Seite 35 die «Stimulierung im Bereich des Anus und Analkanals» den Zwölfjährigen als lustvolle Betätigung angepriesen. Im Kapitel «Wer bin ich», wird die Unterteilung der Geschlechter in Mann und Frau als Fehlannahme bezeichnet und es wird suggeriert, das Geschlecht könne – komplett unabhängig vom Körper – frei gewählt und nach Belieben gewechselt werden. Die Themen Transsexualität und sexuelle Vielfalt werden unverhältnismässig stark in den Vordergrund gerückt. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu aufgefordert, ihre Geschlechtsidentität und ihre sexuelle Orientierung zu hinterfragen. Durch das ganze Heft hindurch wird immer wieder in irgendeiner Form darauf hingewiesen, dass man auch trans, non-binär oder genderfluid sein kann. Im Kapitel «Beziehungen» werden12-jährige Kinder auf Ideen wie Freundschaft plus, Sexfriends oder Friends with Benefits aufmerksam gemacht. Aufgrund dieser Feststellungen stellen sich mir folgende Fragen:
1. Wie steht der Bundesrat, in Anbetracht der oben erwähnten Inhalte, zum Mindestalter von 12 Jahren für die Sexualaufklärungsbroschüre 2021 von Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH)?
2. Empfindet es der Bundesrat als Aufgabe der Schule, Sexuelle Vielfalt zu bewerben?
3. Empfindet es der Bundesrat für sinnvoll, dass die von ihm mitfinanzierte Organisation SGCH Sexualpraktiken wie beispielsweise Analsex anpreist und Sextoys bewirbt?
4. Kann es der Bundesrat nachvollziehen, dass sich viele Eltern Sorgen um ihre Kinder machen, wenn diese im Schulunterricht in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung beeinflusst werden?
5. Empfindet es der Bundesrat als angemessen, dass bereits 12-jährige Kinder auf Freundschaft plus, Sexfriends oder Friends with Benefits als «Beziehungsmodelle» aufmerksam gemacht werden?
6. Ist der Bundesrat aufgrund der anhaltenden Vorkommnisse rund um SGCH bereit, seine finanziellen Beiträge an diese Organisation zu überdenken?
Antwort des Bundesrates:
1. bis 5. Der Bundesrat hat in den Antworten auf die Interpellationen 20.4651 Herzog Verena («Staatsgelder für Masturbationskampagne?») und 22.3320 Herzog Verena («Sexuelle Gesundheit Schweiz. Lust-Comics für Kinder») ausgeführt, dass die Sexualaufklärung seit deren Anfängen zu Diskussionen führt. Insbesondere die Frage, was altersgerecht ist, wird wiederholt thematisiert. Im Interesse der gesunden Entwicklung und des Schutzes von Kindern und Jugendlichen erachtet der Bundesrat diese Frage als wichtig. Dem Bundesrat ist auch bewusst, dass in der Gesellschaft unterschiedliche Werte, Haltungen und Lebensweisen vertreten sind. Das bedeutet umso mehr, dass Produkte für die Sexualaufklärung professionell entwickelt und auch Vielfalt dargestellt werden muss. Die Aufklärungsbroschüre «Hey You» wurde mit Fachpersonen aus den Bereichen sexuelle Gesundheit sowie Sexualaufklärung und unter Einbezug von Schulklassen im Alter von 12 bis 16 Jahren erarbeitet.
Im Bericht vom 21. Februar 2018 «Prüfung der Grundlagen zur Sexualaufklärung» in Erfüllung des Postulats 14.4115 Regazzi erläutert der Bundesrat, Sexualaufklärung soll im Elternhaus beginnen und zwecks chancengerechter Prävention in der Schule fortgeführt werden. Der Bundesrat respektiert grundsätzlich die kantonale Hoheit in diesem Bereich und äussert sich – mit Ausnahme von Themen, die in der Zuständigkeit des Bundes liegen – nicht zu einzelnen Inhalten der Sexualaufklärung. Der Bundesrat hält jedoch fest, dass Toleranz und Respekt der Vielfalt an Werten und Haltungen in der Gesellschaft gewährleistet werden müssen.
6. Wie der Bundesrat in den Antworten auf die Interpellationen 18.3075 Frehner («Sexuelle Gesundheit Schweiz. Frühsexualisierungs-Propaganda mit Steuergeldern?»), 19.4103 Frehner («Sexuelle Gesundheit Schweiz. Missbrauchte Staatsgelder für den Geschlechterkampf?») und 20.4651 Herzog Verena («Staatsgelder für Masturbationskampagne?») ausgeführt hat, unterstützt der Bund die Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH) auf der Basis des Epidemiengesetzes (EpG; SR 818.101) mittels Finanzhilfen für Massnahmen zur Zielerreichung des Nationalen Programms HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (NPHS). Bedingung für Finanzhilfen ist, dass die durch SGCH erbrachten und durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterstützten Massnahmen den Zielen der Prävention von HIV und anderer sexuell übertragbare Infektionen dienen. Das BAG überprüft die Finanzhilfe an SGCH jährlich hinsichtlich Zweck, Zielen und Verhältnismässigkeit und kann in diesem Rahmen die aktuelle Diskussion betreffend diverser Wertehaltungen mitberücksichtigen, wobei es eine wichtige Aufgabe der Bundesbehörden bleibt, Diversität und Chancengleichheit zu schützen und zu fördern.
Antwort des Bundesrates.